Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,
sehr geehrte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung,
liebe Stadtratskolleginnen und Kollegen,

als wir vor wenigen Wochen den Entwurf für den Haushalt 2020 und das Investitionsprogramm 2021 bis 2023 im Rahmen der Stadtratsklausur diskutierten, waren wir eigentlich schon vorbereitet auf das, was dem sehr ausführlichen und detailliert aufgestellten Haushaltsentwurf zu entnehmen ist.

Mit einem Gesamtvolumen von knapp 80 Mio € ist er vom Volumen her sehr umfangreich, auch wenn er nicht ganz an den Rekordwert aus dem Jahr 2019 heranreicht. Wir waren auch nicht überrascht von der Tatsache, dass die Zuführung vom Verwaltungs- zum Vermögenshaushalt bei weitem nicht ausreicht, um die anstehenden und auch sehr umfangreichen Investitionen zu tätigen.
Dabei kann man noch von einem glücklichen Umstand sprechen, dass die Kreisumlage nochmals sinken wird und wir zusätzlich mit einer Schlüsselzuweisung in Höhe von 1,9 Mio € rechnen dürfen.
Und dennoch steigt der prognostizierte Schuldenstand auf 27.1 Mio € per Ende 2020, dies entspricht einer Steigerung um 86% seit dem Jahre 2014. Wir alle wissen, dass verschiedene Projekte auch zu dieser Steigerung der Schulden geführt haben. Ich erinnere an die unglückliche Entwicklung der Kosten bei der Sanierung des Kulturzentrums Klosterkirche oder an den Neubau der AKG-Turnhalle.

Die Instandhaltung der Infrastruktur fordert unsere Finanzen aber auch im Jahre 2020 in besonderem Maße:

  • Fast 4 Mio für die Abwasserbeseitigung
  • 3,1 Mio für unsere Schulen
  • 2 Mio für den Straßenbau
  • 0,7 Mio für den Brandschutz
  • Allein diese Maßnahmen können nicht mehr aus den laufenden Einnahmen finanziert werden. Und mit den genannten Ausgaben ist bei weitem noch nicht alles abgedeckt, was wir mittelfristig in die Infrastruktur stecken müssen, teils bei Pflichtaufgaben, teils bei freiwilligen Leistungen. Das alles erhöht im Jahre 2020 unsere Nettoverschuldung um 6,1 Mio €.
    Wenn man den mittelfristigen Finanzplan betrachtet, soll der Schuldenstand bis zum Jahre 2023 auf 34,4 Mio € ansteigen, nach einer Schuldenspitze in Höhe von 36,9 Mio € im Jahre 2022. Die Schatzschatulle in Form der Rücklagen ist bis auf die gesetzlich vorgeschriebene Mindestrücklage sowieso schon leer.

    Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die UW-Fraktion ist diese Schuldenentwicklung nicht akzeptabel. Eine solide Finanzplanung muss anders aussehen, muss mittelfristig auch Perspektiven aufzeigen, Schulden wieder abzubauen und unsere nachfolgende Generation nicht in diesem Maße mit den Auswirkungen unserer Entscheidungen zu belasten.

    Die Einnahmen der Stadt müssen Schritt halten mit den gestiegenen Anforderungen an Ausgaben im Verwaltungs- und Vermögenshaushalt. Mit den Haupt- Einnahmequellen, der Einkommensteuerumlage und der Gewerbesteuer, befinden wir uns eigentlich auf einem vernünftigen Weg. Mehr Einwohner in der Stadt bedeuten auch zugleich mehr Einnahmen bei der EK-Steuerumlage. Vernünftig laufende Konjunktur bedeutet erfreuliche Gewebesteuer-Einnahmen.
    Doch beides hängt an den derzeit noch guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die aber auf fragilem Fundament stehen, wenn man die europäische Währungs- und Zinspolitik sowie die beginnende wirtschaftliche Eintrübung in Deutschland betrachtet, die in anderen Ländern der EU schon längst eingesetzt hat.

    Eine Erhöhung der Hebesätze bei Gewerbe – und Grundsteuer wollen wir vermeiden: Hier liegt Traunstein bereits auf hohem Niveau, eine Erhöhung würde die Bürgerinnen und Bürger Traunsteins belasten und zudem die bestehenden Betriebe und Unternehmen schwächen.

    Was uns bewegt, sind die immer weiter steigenden Ausgaben, die auch aus dem Bereich der Pflichtaufgaben kommen. So müssen wir die Kostenentwicklung bei der Kinderbetreuung Auge behalten, auch wenn diese Aufgabe sehr wichtig für uns ist.

    Wir stehen selbstverständlich zur bestmöglichen Betreuung der Kinder in Traunstein. Doch die von der bayerischen Staatsregierung getätigten Zuschüsse und Unterstützungen sollten zumindest teilweise zur Verringerung des Defizits in diesem Segment verwendet werden.

    Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

    es sind aber auch weitere notwendige Investitionen, die es schwer machen, die Ausweitung der Schulden zu vermeiden:
    Die Sanierung der maroden Becken im Erlebnisbad werden eine große Belastung darstellen, trotz des Zuschusses aus dem Bayerischen Förderprogramm, für den wir sehr dankbar sind. Die Investitionen für eine noch fahrradfreundlichere Stadt werden sich ebenso auf die Finanzen der Stadt auswirken. Der weitere Ausbau der Barrierefreiheit erfordert zusätzliche Mittel, die im Haushalt abgebildet werden müssen.

    Und der Investitionsplan für die nächsten Jahre verfolgt weitere Projekte, welche für die Entwicklung der Stadt Traunstein wichtig sind, wie der Ausbau des Schulhauses Kammer mit neuer Sporthalle, die Zuschüsse zur Errichtung von Kinderbetreuungseinrichtungen,

    Kauf und Erschließung von Grundstücken für das Ansiedlungsmodell, energetische Sanierungsmaßnahmen, die Sanierung Parktunnel am Bahnhof, die Sanierung von Franz- von Kohlbrenner Mittelschule, der Musikschule und und und…

    Bei letzteren Maßnahmen, der Sanierung von Franz-von Kohlbrenner-Mittelschule und Musikschule möchte ich an Verwaltung und Gremium appellieren, beide Bereiche multifunktionell zu gestalten.

    Es kann nicht sein, dass die Schule, überwiegend vormittags genutzt wird, die Musikschule überwiegend außerhalb der Unterrichtszeiten. Für einen notwenigen Bedarf an zusätzlichen Räumen, sollte er in den nächsten Jahren anstehen, müssen Synergie-Effekte beider Einrichtungen genutzt werden, bevor wieder einmal hohe Investitionen in eventuelle Neubauten getätigt werden. Eine Doppelnutzung hilft nicht nur, Ausgaben zu sparen, sondern ist auch ökologisch und im Unterhalt eine sinnvolle Lösung.

    Liebe Kolleginnen und Kollegen,

    Wir müssen die Problematik der mangelnden Investitionsfähigkeit im mittelfristigen Finanzplanungszeitraum erkennen und gegensteuern. Und es sind noch nicht einmal Projekte enthalten, die bei anderen Gruppierungen offensichtlich bereits jetzt auf der Agenda stehen:

    Es wird unter anderem von weiteren Investitionen in den städtischen Wohnungsbau gesprochen wie auch von großzügig geplanten Parkeinrichtungen.

    Was wir Unabhängige Wähler vermissen, ist der Weg, wie solche umfangreichen und aufwändigen Projekte finanziert werden könnten. Sie finden bisher in der mittelfristigen Finanzplanung keine Berücksichtigung und würden den Schuldenstand noch massiv weiter ansteigen lassen.

    So sprechen wir uns an dieser Stelle auch klar gegen ein Parkhaus auf dem Festplatz aus.

    Zum derzeitigen Stand besteht dort trotz gebührenfreier Nutzung keinerlei Parkdruck. Dies lässt die Notwendigkeit einer Parkeinrichtung mit hohen Anschaffungs- und Unterhaltskosten schon sehr fraglich erscheinen.

    Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kollegen,

    ich möchte im Rahmen der Haushaltdebatte auch für unsere Fraktion einen Ausblick in die nächsten Jahre geben und unsere Standpunkte vertreten, die wir in 4 Schwerpunktbereiche gegliedert haben:

    • Die Stadtentwicklung
    • Wir stehen zur Wohnraumentwicklung, aber mit neuen Konzepten und Lösungsansätzen. Die bereits andiskutierte Gründung einer städtischen Wohnbaugesellschaft ist eine seitens der UW seit Jahren bestehende Forderung. Hier lassen sich sozial geprägte Wohnbauprojekte wie auch neue Entwicklungen umsetzen.
    • Wir haben Ideen für Mobilität, Parken und Radfahren

    Die Tiefgarage am Karl-Theodor-Platz findet bei uns nur dann Zustimmung, wenn Sie den Gesamtsaldo der Stellplätze am Platz gravierend erhöht. Sollten im Saldo nur 150 Stellplätze mehr als derzeit realisiert werden, können wir eine Investition von knapp 13 Mio € nicht verantworten. Dies würde bedeuten, dass für jeden zusätzlich geschaffenen Stellplatz mehr als 85000.- € investiert werden müsste. Ziel einer Tiefgarage müsste sein, das Stellplatzangebot am Karl-Theodor-Platz mindestens zu verdoppeln, durch Beibehaltung einer großen Anzahl oberirdischer Parkmöglichkeiten.

    Alternativ möchten wir ein dezentrales Parkraumkonzept prüfen, das auch die Begleitung des privaten Bauvorhabens am Klosterberg beinhaltet, zu diesem Projekt gibt es ja einen eindeutigen, positiven Stadtratsbeschluss. Auch am Karl-Theodor-Platz sehen wir die Möglichkeit, alternativ zur Tiefgarage zusätzliche, attraktive Parkmöglichkeiten zu schaffen.

    Generell möchten wir feststellen, dass eine Rücknahme innerstädtischer Parkplätze für uns nur dann in Frage kommt, wenn mindestens dieselbe Anzahl an adäquaten Ersatzparkplätzen geschaffen wird.

    Beim Thema Radfahren geht es uns um schnelle Umsetzungen notwendiger und realistischer Maßnahmen. Hier denke ich u.a. an eine Geschwindigkeitsbegrenzung am Maxplatz. Damit wäre der gesamte Kernbereich der Innenstadt auf max. 20 Stundenkilometer, also sehr fahrradfreundlich, begrenzt. Zudem sollten wir die gegenseitige Rücksichtnahme und Toleranz aller Teilnehmer am Verkehr fördern, z.B. durch großflächige Plakate an den Einfallstraßen, die alle Verkehrsteilnehmer zu diesem Thema sensibilisieren, sowie bessere Markierung und Pflege bestehender Fahrradwege oder Angebotsstreifen.

    • Wirtschaft in Traunstein
    • Wir stehen für eine zukunftsorientierte Entwicklung von Handel und Gewerbe, d.h. die Schaffung einer optimierten Infrastruktur für bestehende Betrieb und Unternehmen. Der Übernahme des Breitbandausbaus in städtische Hand könnte hierbei ein Faktor sein, der auch den privaten Haushalten zu Gute käme.
    • Wir setzen uns ein für sichere Arbeitsplätze und Bildungsmöglichkeiten. Die positive Begleitung des Bildungscampus hat hierbei hohe Priorität.
    • Unser Mehrgenerationenprogramm
    • Wir möchten eine optimale Betreuung der Kinder und Jugendlichen in Traunstein bereithalten.  Und….
    • Wir wünschen uns ein Haus der Begegnung für alle: Mit den Planungen zum Umbau des Heimathauses und des benachbarten Mayer-Anwesens haben wir die große Chance, die Darstellung der Stadtgeschichte in ein neues Konzept zu verpacken, das zugleich als lebendiger Treffpunkt und Kommunikationsort in der Stadtmitte für alle Generationen dient.
    • Klimagerechte Stadtpolitik
    • Hier geht es uns vorrangig um objektbezogene, sinnvolle ökologische Lösungen anstelle von ideologischen Grundsatzdiskussionen.
    • Weiter soll bei den städtischen Liegenschaften mittelfristig eine möglichst hohe Annäherung an die Klima-Neutralität angestrebt werden.

    Und es gäbe natürlich noch eine Vielzahl weiterer Projekte, die Traunstein in den nächsten Jahren und Jahrzehnte prägen und weiter entwickeln könnten:

    • Die Neugestaltung des Maxplatzes zur Abrundung des wirklich sehr schönen Bildes der Traunsteiner Innenstadt,
    • Die Schaffung einer neuen Dorfmitte in Kammer,
    • Die verkehrliche Entlastung von Haslach und Wegscheid
    • Die Anlage eines Wohnmobilstellplatzes zur Erweiterung des touristischen Angebots,
    • Oder auch die deutliche Besserstellung der Sportvereine mit erhöhten Zuschüssen über den Stadtverband, um die wichtige und wertvolle Jugendarbeit noch besser zu honorieren.

    Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,

    Nochmals zurück zum Haushalt und zum Investitionsprogramm:

    Die Fraktion der Unabhängigen Wähler kritisiert die Neuverschuldung im Haushalt 2020 und in den Folgejahren. Wir richten bereits heute an das neu zusammengesetzte Gremium ab Mai 2020 und die Verwaltung einen eindringlichen Appell, Maßnahmen zur Begrenzung der Verschuldung zu ergreifen.

    Wir Unabhängige Wähler sind bereit, konstruktive Ideen einzubringen und sinnvolle Planungen zu unterstützen.

    Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, geehrte Kolleginnen und Kollegen,

    der Haushalt 2020 und das Investitionsprogramm 2021-2023 zeigen uns, dass auch bei soliden Einnahmen das notwendige Investitionsvolumen nicht ohne weitere Neuverschuldung umzusetzen ist.  Der Haushalt ist weitgehend sorgsam aufgestellt und bildet die Kernaufgaben im mittelfristigen Finanzplanungszeitraum der folgenden Jahre ab.

    Die Fraktion der Unabhängigen Wähler wird dem Haushalt 2020 sowie dem Investitionsprogramm 2021 bis 2023 zustimmen.

    Herzlichen Dank an Sie, sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, und an dieser Stelle auch besonders an unseren Kämmerer Reinhold Dendorfer und seine Vertreterin Monika Rommel, die uns mit dem Haushalt ein umfangreiches, 470seitiges Zahlenwerk vorgelegt haben und die unser volles Vertrauen genießen.

    Danken möchten wir auch den Amtsleitern, den Sachgebietsleitern und allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in der Stadtverwaltung, die sich engagiert für die Belange der Stadt Traunstein und deren Bürger einsetzen.

    Danken möchten wir den Stadtwerken Traunstein und deren Mitarbeitern, die unsere Versorgungssicherheit gewährleisten.

    Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat,

    Ihnen allen darf ich im Namen der UW Fraktion herzlich für die Zusammenarbeit in der zu Ende gehenden Amtsperiode danken, ich möchte danken für die sachlichen Diskussionen, für die konstruktive  Gremiumsarbeit und nicht zuletzt auch für das gute persönliche Verhältnis, trotz durchaus unterschiedlichen Meinungen in der Sache.

    Ich möchte meinen Wunsch ausdrücken, dass die Zeit der Wahlvorbereitung in den kommenden Wochen ebenso geprägt sein soll von Sachlichkeit, konstruktiven Diskussionen und gegenseitiger Wertschätzung.

    Wir Unabhängigen Wähler möchten uns einsetzen für eine positive Entwicklung und ein gutes Miteinander in der Stadt, gemäß unseren Grundsätzen:

    Parteiunabhängig, sachbezogen und bürgernah.

    Für ein gutes neues Jahrzehnt in Traunstein. Vielen Dank.
    Traunstein, 15.01.2020

    Ernst Haider
    Fraktionsvorsitzender
    Unabhängige Wähler Traunstein
    -Es gilt das gesprochene Wort-